Lesezeit 20 Min
Politik

Renate Künast

„Das Problem dieser Zeit: zu viele Emotionen, zu wenig Fakten.“

ANNE-LENA MICHEL
von
André Boße
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Politik

Zur Person

Renate Künast (geboren am 15.12.1955 in Recklinghausen) ist Kind einer Arbeiterfamilie, ihren Bildungsweg von der Real- über die Fachoberschule bis zum Studium der Sozialarbeit musste sie sich erkämpfen, vorgesehen war eine frühe Heirat. Nach zwei Jahren als Sozialarbeiterin im Männergefängnis Tegel studierte sie in Berlin Jura. Sie ist Anwältin. 1979 wurde sie Mitglied der Alternativen Liste, die sich später den Grünen anschloss. 2000 wählte die Partei sie zur Bundesvorsitzenden, 2001 wurde sie in der Regierung Schröder Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Seit 2002 ist sie Mitglied des Bundestags, von 2005 bis 2013 führte sie die Grünenfraktion im Bundestag. Aktuell ist Künast Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz. Sie ist seit 2011 mit dem Rechtsanwalt Rüdiger Portius verheiratet.

Berlin. Am Morgen hat sich Renate Künast für die Kampagne der Grünen für den Bundestagswahlkampf fotografieren lassen. Ihr Outfit wirkt napoleonistisch, der Kampf kann beginnen. Zum Interview erscheint die 61-Jährige leicht verspätet, es gab noch Redebedarf nach den Wahlen in Frankreich und Schleswig-Holstein. Im Gespräch nimmt sie gleich Fahrt auf. Künast analysiert das Verbots-Image der Grünen, erzählt von Leuten, die ihren Kopf wollen, und erklärt, warum jedes Sonntagsei für sie Politikerglück bedeutet.

Frau Künast, was war für Sie das aufregendste Ereignis der vergangenen Woche: die Wahl in Paris, die Wahl in Kiel oder der Tag, an dem die Queen in London ein geheimnisvolles Meeting einberufen hat?

Letzteres hatte schon was!

Sie sind Fan der Windsors, oder?

Na ja, Fan wäre übertrieben, aber mich hat das Königshaus schon immer interessiert. Witzig an diesem vermeintlichen Notfall-Meeting war ja, dass das Internet Kopf stand und aus dem Buckingham Palace dann selbst ein Tweet kam, der die Lage beruhigen sollte: Ist nichts Schlimmes – „please go on with your work“. Das hat mich natürlich dann auch beruhigt. Aber es ist schon irre – man braucht als britisches Königshaus nur eine Mitarbeiterversammlung einzuberufen und schon entwickeln sich alle möglichen Geschichten: Dankt die Queen ab? Ist jemand schwer erkrankt?

Sagt Sie den Brexit ab?

Das liegt ja leider nicht im Bereich ihrer Kompetenz und würde sie dann doch im Parlament verkünden. Aber immerhin bedeutet die Wahl von Macron in Frankreich eine Erleichterung für Europa. Es wäre gruselig gewesen, eine Figur wie Marine Le Pen als…

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Nr. 23/2017